Diese „Zwei-Streithähne-Methode“ ist allerdings in der
gesamten Wirtschaft weit verbreitet. Gerade die bekannten „Nieten in
Nadelstreifen“ wenden sie gerne an, denn so können sie stets auf das Versagen
des Unterlegenen im Wettbewerb verweisen. Daß die beiden Streithähne bei
gelungener Führung zusammen wesentlich mehr auf die Beine stellen würden,
entgeht dabei gern der Aufmerksamkeit. Der Wettbewerbsvogang ist derart unterhaltsamer
Klamauk, daß die Betrachtung des Ergebnisses, der Zahlen unter dem Strich,
übersehen wird. Nun, zumindest ist es ja unterhaltsam. Und wenn ein
Unternehmer(erbe) sich so vergnügen will, dann soll er auch dafür bezahlen
dürfen.
Weiter: Wettbewerb nur, um einigen wenigen Zugang zu den
„Fleischtöpfen“ zu gewähren (das ist die eigentliche Zielsetzung bei allen
Privatisierungsprojekten), ist nicht wirklich förderlich für Innovationen oder
Problemlösungen. Da werden alternative Konzepte eher behindert; man beschäftigt
sich nach außen zwar damit, will aber eigentlich nur die Kühe weiter in Ruhe melken.
Bei allen Versuchen, Land und Wasser zu privatisieren, wird
es ganz deutlich. Mangels eigener neuer Produktideen, wird auf die
Grundbedürfnisse der Menschen zugegriffen. Mit der immer gleichen Begündung:
Wettbewerb würde „das Beste im Manne“
hervorbringen und so zum Nutzen aller bessere und billigere Produkte erzeugen.
In Wahrheit geht es um die Rückkehr zur Feudalherrschaft.
Das alles ist furchtbarer Wettbewerb, der nur dem einen
Zweck dient, Herrschaft zu erhalten. Und vielleicht noch dem Nebenzweck, eigene
Unfähigkeit zu verbergen. Dieser furchtbare Wettbewerb hat nur Vernichtung von
Werten zufolge, nicht aber die Schaffung von Mehrwert. Die Übernahme eines
Konkurrenzunternehmens erhöht nicht die Gesamtwerte, sie verteilt sie nur um.
Sie ist nur ein Mittel der Herrschaftsfestigung. Die Folge ist nicht neuer
Schwung für neue Projekte. Die Folge ist Selbstzufriedenheit und sinkende
Eigenleistung.
Kooperativer Wettbewerb
Demgegenüber steht der fruchtbare Wettbewerb. Er ist ein
Element der erfolgreichsten Strategie, die die Evolution hervorgebracht hat:
Kooperation. Nur um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Kooperation heißt,
sich zusammen an einem gemeinsamen Ziel orientieren, zum gegenseitigen Nutzen.
Es heißt nicht „Friede-Freude-Eierkuchen“ oder „Koste-es-was-es-wolle“.
In der Kooperation setzt der sinnstiftende, das ist der
Mehrwert schaffende, Wettbewerb schon bei der Definition der Ziele ein.
Selbstverständlich setzt sich dabei eine Idee, ein Ideengeber durch. Das soll
ihm zu Ehre und zu Einkommen gereichen. Wichtiger aber ist, daß das so
gefundene Ziel von allen akzeptiert und stringent verfolgt werden wird.
Danach geht es im gleichen Stile weiter. Die Idee ist ja nur
der Anfang (eines Unternehmens oder eines Projektes oder eines staatlichen
Vorhabens oder was auch immer).
Der wirklich entscheidende Punkt ist das zugrundeliegende
Verhaltensmuster. Das jeder für sich selbst nach Erfolg, Ansehen, Vermögen und
Glück strebt ist keine große Erkenntnis. Es ist einfach so. Auch ist es nicht
von Bedeutung, etwas haben zu wollen, daß ein anderer auch hat. Der Unterschied
ist, dieses etwas, das ein anderer auch hat, selbst noch einmal erlangen zu
können. Es also noch einmal zu erschaffen. Das ist dann der Mehrwert. Man orientiert
sich bei seinen Zielen an anderen. Man hat sie als Vorbild. Man hat sie aber
nicht als Beuteobjekt.
Kooperativer Wettbewerb kennt durchaus wechselnde
Konstellationen und wechselnde Partnerschaften. Er ist also dynamisch. Er
orientiert sich aber auch dann am Mehrwert, nicht am Umverteilen und am
Beutemachen.
Darin steckt noch eine Kleinigkeit: Neid kann eine
Triebfeder sein. Nur wer sich vor denjenigen fürchtet, die mehr erschaffen
wollen, die auch etwas für sich erreichen wollen, der ist wirklich mißgünstig.
Der ist wirklich bürgerlich.
Nur einen Haken hat die ganze Sache: Da es sich um Menschen
handelt, bedarf es lenkender Kräfte. Das können durchaus gemeinsame Werte sein,
vermittelt auch durch geeignete Erziehung zur Kooperation. Dann liefe die Sache
von selbst. Allerdings ist in der „harten Realität“ meistens noch etwas anderes
nötig: Führung. Die wiederum kann niemand leisten (Ja, Führung ist eine
Leistung, die man messen kann), der immer und immer wieder siegen muß. Der
Sieger hinterläßt nur Zerstörung und Unterworfene. Führen kann nur, wer anderen
zum Erfolg verhelfen kann und dies vor allem auch will. Und wer es schafft, den
Übereifer einzelner zu steuern, damit es nicht soweit kommt, daß sich einige
als Besiegte fühlen. Die werden nicht mehr folgen. Die sind dann zwar immer
noch vonnöten, aber nicht mehr dabei.
Lessons learnt
Wer als Unternehmer sehen will, wie sich Menschen prügeln,
der sollte zu einem Boxkampf gehen. Das ist billiger, mithin effizienter, als
alle halbe Jahre neue Leute anlernen zu müssen; sonst ist der Wirkungsgrad,
also die Effektivität – und damit die Produktivität –, der Belegschaft zu
gering. Wettbewerb hat per se nichts mit Prosperität zu tun. Freude am
Wettstreit wird nur erlebt und Erfolg im Wettstreit wird wird nur erlangt im
kooperativen Wettbewerb, der nicht die Vernichtung anderer, der vielmehr das Übertreffen
alter Ziele verfolgt.
Ich muß um Entschuldigung bitten: Die Cabaret-Nummer
„Effizienz & Effektivität: Warten auf die Weisheit“ konnte ich mir hier
einfach nicht verkneifen.
Dies alles gilt auch für jeden einzelnen in seinem privaten
und beruflichen Umfeld. Wer alles tut, nur um einen Tick mehr zu haben als der
Nachbar, ohne daß ihn das Gesamtergebnis auch nur ansatzweise interessiert, der
sollte meines Erachtens einen Arzt aufsuchen. Und was für jeden einzelnen gilt,
das gilt auch für Staaten. Auch da gibt es Geisteskranke.
Ach ja, noch etwas zum Abschluß: Viele meinen ja, im Thema Wettbewerb
die „Lehren des Macchiavelli“ wiederzufinden. Und die wären ja sehr erfolgreich
gewesen. Ich finde nicht, daß ich mir die Lehren eines Speichelleckers zu eigen
machen sollte. Denn mehr war dieser Mann nicht: Der beste Schmeichler seines
Herrn weit und breit. Und sein Herr war ein irrer Despot.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im April 2013
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