Freitag, 27. Dezember 2013

Die artgerechte Wirtschaftsform der Säugetiere Mensch

»Veränderungen finden einfach nur statt. Sie ereignen sich, weil sie es können. Es gibt keinen Vorlauf und keinen Nachlauf. Es gibt keine Übergangsphasen. Es gibt keine Ankündigung. Wer aktiv teilhaben will, kann sie nur antizipieren, geistig vorwegnehmen. Dennoch wacht er eines Tages auf – und die Welt ist eine andere. Wenn er liegen bleibt, lebt er sein Leben zu Ende. Wenn er aufsteht und das Neue annimmt, kann er sein Leben gestalten.«

Eines Tages stellte der Martin Luther fest, daß die Ordnung, das System aus den Fugen geraten war: durch exzessiven Ablaß- und Reliquienhandel. Obwohl es ja eine Nachfrage danach gab und obwohl die Einnahmen seiner (!) Kirche damit gut waren, so stimmte da etwas nicht mehr. Das System war in unkontrollierte Schwingungen geraten. Das wollte er korrigieren. Doch das System war schon so instabil, daß andere Kräfte die Gelegenheit hatten, etwas eigenes dagegenzusetzen. All das wollte der Luther gar nicht, aber dennoch hat er es ausgelöst.
Hätte der Luther schon etwas von Unschärferelation gehört, so hätte es ihn nicht verwundert. Systeme sind nun einmal keine mechanistisch eindimensionalen Gebilde, sie sind auch keine geschlossenen Kreisläufe mit genau vorhersehbaren Zuständen und Zustandsänderungen. Sie sind ein in sich gefaltetes Netzwerk, dessen Faltungen sich ständig verändern. Sie funktionieren in Grenzwerten, die aber nur in Bandbreiten vorliegen. Die Bandbreiten können so schmal sein wie sie wollen, es bleibt eine Unschärfe. Systeme mutieren. Einfach so. Weil sie es können.
Die Evolution ist so ein System. Darin ist nichts zwangsläufig. Darin ist nichts mechanistisch. Äußere (Umwelt) und innere (Arten bedrängen andere Arten) Kräfte sind da wirksam. Aber diese Kräfte sind nicht der eigentliche Motor. Mutationen haben als Ergebnis Verbesserungen. Sie erzeugen aus sich heraus einen ständigen inneren Verbesserungsdruck. Aber prinzipiell geschehen Mutationen, weil sie es können. Es finden fortwährend „Experimente“ statt, von denen keineswegs sicher ist, daß sie auch lohnen. Ein Graus für alle „Effizienzgläubigen“. Aber Ideen, die man nicht hatte, kann man noch nicht einmal verwerfen. Wer religiös ist, der mag darin Gott erkennen, wie er mit seiner Schöpfung spielerisch umgeht. Darf er ja, es ist ja seine. Wer das religiös sehen mag, der sollte aber auch erkennen, daß Gott nicht am Anfang einmal am Werk war. Der mag erkennen, daß er noch nicht fertig ist und auch nicht fertig werden wird.
Gattungen und Arten definieren sich durch ihre Strategien. Diese selbst lösen wiederum Experimente und Verbesserungen aus. So kann es zum Beispiel sein, daß kurze Lebenszeiten und damit schnelle Mutations-/Generationsfolgen bewirken, daß auf eine Krise schnell reagiert werden kann. Schnell ist manchmal also ganz gut und Tradition ist halt nicht aus sich heraus ein sinnvoller Wert. Gattungen und Arten bestehen insgesamt so lange, wie ihre Strategie erfolgreich ist. Danach werden sie abgelöst. Diese „Ablösung“ ist dann die noch mögliche Form des Weiterbestehens. Ach ja! Erfolgreich heißt: Mehr werden, mehr für jeden schaffen.
Nebensatz: Es gibt sie ja, die Raubtiere. Aber sie sind nur eine Randerscheinung. Sie bedrängen andere Arten, aber wenn sie eine Art soweit bedrängen, daß die untergeht, gehen sie gleich mit unter. Sie sind nicht die hellsten Köpfe. Sie sind oft Hungerleider, auch wenn einige so etwas wie „einteilende Planwirtschaft“ mit ihrer Beute betreiben. Sie haben eigentlich nicht einen Tag in ihrem Leben satt zu essen. Ihr Aufwand für das Beutemachen ist enorm. Das ist weder ressourcenschonend noch effizient. Sie stehen nicht an irgendeiner Spitze der Entwicklung. Sie sind diejenigen, die die Evolution halt mit durchschleppt. Sie haben halt nichts anderes gelernt. Sie sollen auch Randerscheinung bleiben. Alles auffressen kann man eben nur einmal. Und das wäre der Fall, wenn in der Gedankenwelt einiger Leute der sogenannte Wohlfahrtsverlust auf Null schrumpfen würde. Alles wäre exakt allokiert. Und damit weg.
Ergänzung zum Nebensatz: Ich will Raubtiere werder verteufeln noch vergöttern. Auch nicht unsere aktuellen Investmenträuber, die „Die Ritter vom Orden der 4. (Es war doch die vierte?) Funktion des Geldes“. Sie sollten nur nach ihrem wirklichen Stellenwert eingeordnet werden. Vielleicht sollten sie in einem Reservat „behütet“ werden. Ihre Spielgewinne (mit Spielgeld, nicht mit echten Währungen) könnten sie ja dann tauschen, falls sie jemanden dafür finden.
Wir, die Menschen – und damit es klar ist: Es gibt nur eine Art Mensch auf diesem Planeten –, gehören zur Gattung der Säugetiere. Deren Erfolgsstrategie ist das immer weiter differenzierte soziale Verhalten. Erst diese „intrinsische“ Differenzierung hat es ermöglicht, daß sich arbeitsteilige Gesellschaften entwickeln konnten, wirtschaftende Gesellschaften. Jedes Subjekt darin ist ein wirtschaftendes Subjekt. Und ich bin der festen Überzeugung, daß dies bereits in der nomadisierenden Jäger- und Sammlergesellschaft der Fall war, spätestens.
Ein wesentliches Kennzeichen der Erfolgsstrategie der Gattung Säugetiere ist auch, daß es keine Stufen gibt, die nur der Nutzenmehrung einer „höchsten Stufe“ dienen. Wie gesagt: Systeme sind Netzwerke. Jede Art, jede Nische in der Gattung hat dieselbe Strategie. Erreicht sie innerhalb ihrer Art und ihrer Nische nicht ihren eigenen Nutzen, dann war sie erfolglos. Sie verschwindet und entzieht damit der ganzen Gattung ein Stück weit den Boden unter den Füßen. Wer also Arten und Nischen ausmerzt, der befördert nicht seinen eigenen Nutzen. Der kastriert sich selbst.
Zur Strategie gehört aber auch die ständige Verbesserung, der ständige intrinsische Druck zur Leistungssteigerung. Allerdings ist es ein Druck, der dem Kriterium der „ständigen leichten Überforderung“ genügt. Aus der Motivationslehre doch bekannt, oder? Nur diese Art Druck gewährleistet den Erfolg. Und nur der Erfolg spornt zu noch mehr Leistung an. Das ist es, was Wachstum ausmacht. Damit ist Wachstum auch nicht begrenzt. Nur das Schlagen auf immer denselben Stein zerstört diesen. Nicht das Suchen nach neuen Steinen und das Bearbeiten mit immer besseren Werkzeugen.
Um auch dies klar zu formulieren: Auch das Streben nach Autarkie, nach der kleinteiligen Selbstbeschränkung – am besten noch einhergehend mit dem Verweis auf „die Umwelt“ –, hat mit der Efolgsstrategie der Säugetiere nicht das geringste zu tun. Nicht umsonst hat es niemals etwas anderes gegeben, als den Handel unter den Menschen über die Welt verteilt. Die jetzigen Menschen haben seit ihrem Auszug aus Afrika eigentlich niemals den Kontakt untereinander wirklich verloren. Sie waren von Anfang an globalisiert. Deswegen hatten sie sich schließlich aufgemacht.
Und nun? Weder „völkische Autarkie“ (auch nicht die grüne) mit Regionalbezug und Wachstumsbremse, weder mechanistisches Denken aus „voraufklärerischer“ Zeit, weder eindimesionale Wertschöpfungsketten mit Effizienzcredo sektirerischer Libertärer des 17. Jahrhunderts noch allumfassende sozialistische Gleichverteilung mit beschränkter Leistungsfähigkeit  können eine artgerechte Wirtschaftsform der Säugetiere Mensch hinreichend beschreiben. Aber was dann? Nun, ich bin da nicht so pessimistisch.
Aber zuvor noch eine kleine Bemerkung: Freiheit ist einwesentliches Element der Evolution. Nämlich die Freiheit, es einfach zu versuchen. Allerdings ist das vornehmste Merkmal der Freiheit in der menschlichen Gesellschaft, sich selbst disziplinieren zu dürfen. Muß man nicht. Aber dann besorgen das auch ganz schnell andere.
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Nach meinen Vorstellungen sind die folgenden Merkmale wesentlich für eine artgerechte Wirtschaftsform. Nota bene: Diese Merkmale sind nicht gewichtet. Sie haben keine Rangfolge. Wer also meint, man könne mit Nummer Eins anfangen und dann vielleicht …, der irrt gewaltig. Es sind die Merkmale eines systemischen Netzwerkes. Und das gibt es ganz oder gar nicht. Hatte ich das nicht erwähnt? Mea culpa. Und wenn einige Begriffe bekannt vorkommen sollten: Es kommt auf das Verständnis an, das man davon hat! Man wird doch wohl noch sagen dürfen, wie man die Sache selbst sieht!
Wohlergehen – Das Wohlergehen jedes Einzelnen und jeder einzelnen Gruppe ist das eigentliche Ziel des Wirtschaftens nach evolutionären Maßstäben. Wohlergehen heißt aber nicht nur Wohlstand im Sinne von noch einem Auto oder anderen Gütern, es heißt vor allem auch Entfaltungsmöglichkeiten für jeden Einzelnen und jede Gruppe. Wenn der Kapitalismus oder der Kommunismus, die sich in Gestalt neofeudaler Herrschaftsstrukuren doch verblüffend ähnlich sind, wenn entweder der Kapitalismus die allumfassende Verarmung und Verblödung (sogenannter Wettbewerbsvorteil zum Nutzen der „Spitze der Wertschöpfungskette“) zur ersten Regel erhebt oder der Kommunismus bleiernde Gleichmacherei auf niedrigster Stufe (Befriedigung sogenannter Grundbedürfnisse) auf Punkt Eins der Tagesordnung hat, so ist es evolutionäre Pflicht, Entfaltungsmöglichkeiten zu schaffen, sonst droht Inzucht.
Entfaltung durch verfügbares Einkommen genauso wie durch horizontale und vertikale „Ausbreitungsmöglichkeiten“: Damit ist nicht einfach die sogenannte Aufstiegschance gemeint. Es geht nicht nur um die Chance, genauso zu werden wie ein anderer, es geht darum, daß Entfaltung, auch mit experimentellem Charakter, tatsächlich stattfindet. Das kann man durch Quoten erreichen, sollte man aber nicht. Viel wichtiger ist, Grenzen abzureißen. Und das gelingt in sozialen Systemen immer noch am besten durch Verachtung und Mißachtung, also durch „Herunterholen vom hohen Roß“ und durch schlichtes Ignorieren von angeblich unüberwindbaren Hindernissen. Wenn also eine soziale Gruppe durch „Volksentscheid“ meint, Bildungsmöglichkeiten anderer verhindern zu müssen (Hamburg), so sollte man das Volk auch einmal ignorieren. Das darf man ruhig machen.
Vertikale Ausbreitungsmöglichkeiten? Nun, auch innerhalb einer „Schicht“, auf gleicher Ebene muß Beweglichkeit herrschen. Und da ist der Leistungsbezug ausgesprochen sinnvoll. Nichts lähmt mehr als schlechteter Lohn für gleiche Leistung oder gar mehr Leistung, zur Zeit durch Unterscheidung von Gelernten und Ungelernten zementiert; eine mittelalterliche Erscheinung, nannte man einmal Zünfte. Entscheidend ist aber allein das Leistungskriterium, sowohl für jeden einzelnen als auch für das Ergebnis aller.
Weiterhin ist wesentlicher Bestandteil des Wohlergehens die Daseinsfreude; Gestaltungsmöglichkeiten durch verfügbares Einkommen und Ausbreitungsmöglichkeiten sind eine Sache. Erfüllt das den einzelnen Menschen nicht – und das tut es nicht –, hilft der Grundsatz „Produkte, die Freude machen, sind gute Produkte“. Damit will ich vor allem klarstellen, daß es nicht im geringsten um die Befriedigung sogenannter Grundbedürfnisse geht. Alles ist erlaubt, was Freude macht. Kann danebengehen (siehe den Luther ganz am Anfang), macht aber nichts. Denn dann helfen die „sozialen Werkzeuge“ Verachtung und Mißachtung weiter, wenn man denn Alternativen aufzeigen kann. Angeblich originäre Wirtschafts-Instrumente wie Steuervorteile oder Subventionen sind dagegen untaugliche Relikte mechanistischer Denkweisen.
Kleine Erinnerung: Diese Merkmale einer artgerechten Wirtschaftsform sind nicht hierarchisch, sie sind vernetzt. Nicht vergessen!
Mehrwert und Wachstum – „Der Sinn allen Wirtschaftens ist der Mehrwert, das Wachstum“. Natürlich das Mehren von Wohlergehen! Damit ist klar, das es keine Grenzen des Wachstums gibt. Vielleicht ist das beim Wohlstand so, nicht aber beim Wohlergehen, zu dem die Entfaltungsmöglichkeiten gehören! Das ist jetzt nicht mehr so einfach wie das Denken in Zahlen. Aber es müßte doch jedem klargeworden sein, daß ein BIP, nur noch getragen durch die sogenannte Finanzindustrie, nicht mehr ganz so werthaltig ist. Vor allem dann nicht, wenn in Quartalen gedacht wird. Die Geschwindigkeit des Wachstums ist keineswegs ein Merkmal ihrer Güte. Man kann sich auch künstlich unter Druck setzen – und sich herrlich dabei selbst austricksen.
Merke:  Mehrwert ist nicht Beutemachen und das Verteilen der Beute unter den Spießgesellen; er bedeutet Auf- und Ausbau, nicht Zerstörung! Schon gar nicht Zerstörung der Ressourcen: Alles auffressen kann man eben wirklich nur einmal!
Mehrwertschaffen findet auf jeder Stufe einer  Wertschöpfung statt, also auch und gerade beim Leistungslohn. Nebenbei: Ausgerechnet der Kapitalismus mit seinem Leistungsanspruch verlangt, für gute Leistung möglichst umsonst zu arbeiten. Allein das zeigt schon, daß er gar keine echte Wirtschaftsform darstellt. Es ist nicht entscheidend, daß am Ende möglichst viel (für wenige) übrigbleibt. Der individuelle Reichtum und der individuelle Gewinn am Ende sind erlaubt, aber vollkommen unwichtig, solange davor nicht auch Mehrwert geschaffen wurde. Entscheidend ist der Erfolg für jeden einzelnen in jeder Phase der Wertschöpfung, erst das garantiert Leistungsbereitschaft und -steigerung, alles andere ist nur auspressen und wegwerfen. Das hinterläßt nur abgenagte Knochen, wie bei den Raubtieren. Deren außerordentlich geringe evolutionäre Bedeutung wurde ja schon erwähnt.
Ähnlich ist es auch mit sogenannten „Altindustrien“, die unbedingt immer erhalten bleiben müssen, wegen der doch von selbst laufenden, eingefahrenen Geschäfte und der Arbeitsplätze. Geldwechseln ist keine Form des Wirtschaftens. Es ist allenfalls Ausdruck geistiger Bequemlichkeit und Faulheit.
Noch einmal zur Erinnerung – Lernen durch „Einhämmern“ –: Es geht hier nicht um die Unterscheidung in Grundbedürfnisse und Luxus oder ähnliche Kriterien, die lediglich ausgrenzende Funktion haben. Solche Kriterien sind bestenfalls der bürgerlichen Deformation (ein Mutationsunfall der politischen und sozialen Seite der Evolution) geschuldet, deren krankhaft übersteigertem Sicherheits- und ebensolchem Geltungsbedürfnis.
Leistung und Innovationsdruck – Leistung und guter Leistungslohn sind was anspornt, sind was Erfolg, auch und gerade ganz individuellen Erfolg ,schafft. Und Erfolg spornt zu noch mehr Leistung an. Daß es dabei auf das Einhalten gemäß dem Prinzip der „ständigen, leichten Überforderung“ ankommt, wurde schon ausgeführt, kann aber nicht oft genug wiederholt werden. Evolution kombiniert Geschwindigkeit und „Sprunghöhe“ immer wieder neu. Beides muß innerhalb der Bandbreite bleiben, die bewältigt werden kann. Wie an der Fischtreppe: Sind die Stufen zu hoch, bleibt auch der allergrößte Anlauf mit maximaler Anlaufgeschwindigkeit erfolglos.
Es fügt sich, daß guter Leistungslohn gleichzeitig auch Rationalisierungs- (interne Innovation) und „Kreationsdruck“ zu neuen Produkten, besseren Produkten, zu neuen Leistungen, besseren Leistungen (externe Innovation) bewirkt. Leistunsgbereite Arbeiter und ständig unter „Denkdruck“ stehende Unternehmer passen bestens zusammen. Die Methode, erst die Abschreibungen zu Ende verdienen, ist hochgradig innovationsfeindlich und damit kontraevolutionär. Produktivität ist eine Kennzahl, die für sich allein betrachtet in die Irre führt. Gelegenheiten zu verpassen, nur weil man „nicht zu Ende verdient hat“, nur weil es doch gerade so schön läuft, führen unweigerlich ins Abseits.
Es freut mich immer wieder, mich selbst zitieren zu können. Arbeiter und Unternehmer könnten in einer leistungsorientierten Gesellschaft vor diesem Hintergrund sogar eine neue Mitte der Gesellschaft bilden, eine „Achse des Mehrtwerts“:
Wirtschaften in Bandbreiten – Es gibt schlicht und ergreifend keine absoluten Werte, an denen man sich orientieren kann. Wenn jemand also postuliert, nur das Geschäft zum Bestpreis habe sich gelohnt und nur wer dieses Geschäft gemacht habe, der habe es auch verdient, weiter „am Markt“ präsent zu sein, der sollte sich auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen. Wirtschaften ist kein Kampf in der Arena auf Leben und Tod. Ob etwas erfolgreich ist, hängt von ganz individuellen Maßstäben ab. Erfolg mißt sich nicht einfach nur an „Vier ist mehr als Drei“. Ob ein Geschäft erfolgreich ist oder nicht, ob der Gewinn gut ist oder nicht ist, ist Frage der Maßtäbe. Die Frage ist nicht, ob jemand mehr Rendite gemacht hat, die Frage ist, wie man beim nächsten Mal seine eigene erhöht; denn offenbar war die Bandbreite doch größer als angenommen. Dann darf man aber auch nicht den wirtschaftlichen Freitod wählen, nur weil man gerade einmal nur Zweitbester geworden ist. „Am Ende kann es nur einen geben“ taugt für Spielfilme. Wirtschaften ist eben kein Kriegführen, Wirtschaften ist der beständige Weg zu Mehrwert und Wachstum.
Klar sein muß man sich aber darüber, daß Bandbreiten in aller Regel eher schmal sind (Komisches Wort „schmale Bandbreite“, nicht wahr? Ist aber so). Aber man kann ja kompromißbereit, auf „Evolutionsdeutsch“: anpassungsfähig sein. Damit etwas bewertbar bleibt, legt man halt immer wieder neu und regelmäßig die Bandbreite fest. Daran kann man dann bewertet werden. Das ist im übrigen etwas anderes als die berühmten „Gewinnwarnungen“ (auch so ein lustiges Wort). Die haben doch in Wahrheit nur den einen Zweck, den als falschliegend enttarnten Verantwortlichen kurz vor dem Knall im voraus zu entlasten. Sehen Sie, es sind doch nur die Menschen mit all ihren kleinen Schwächen, die wirtschaften. Unabhängig aller theoretischer über- und untergebauter Modelle, die ohne Menschen auskommen wollen. Denn Bandbreiten haben eine Unschärfe.
Wettbewerb in Bandbreiten – Ein kurzer Absatz: Gleiches gilt auch hier. Wichtig ist nur, daß evolutionärer Wettbewerb nicht im mindestens auf die Vernichtung abzielt. Wenn in der Evolution Arten verschwinden, dann wurden sie nicht von anderen vernichtet. Ihr Experiment war einfach nur danebengegangen. Denn beim Wirtschaften hat Wettbewerb eine ganz eigene Dynamik: Wettbwerb ist der Vorgang, an dessen Ende seine Abschaffung, an dessen Ende das Kartell steht. Und dann ist es vorbei mit der evolutionären Vielfalt. Dann haben wir den Salat, dann liegt Inzucht vor.
Damit aber die Vielfalt erhalten bleibt, braucht es nicht einfach nur mehr Wettbewerb. Wenn man also einfach hergeht und sagen wir einmal die Wasserversorgung privatisiert, um damit Wettbewerb in den Markt zu bringen, so ist das bestenfalls eine Lüge. Denn es geht nur um den Zugriff auf Produkte, die „wie geschnitten Brot“ laufen. Es geht um das risikolose Auspressen von Abhängigen. Und das heißt, daß evolutionäres Wirtschaften damit am Ende ist. Nein, Wettbewerb erfolgt „intrinsisch“ durch fortwährende Leistungssteigerung. Mehrwert und Wachstum erzeugen aus sich heraus ständigen Wettbewerb, auch mit sich selbst. Die Bandbreite des erfolgversprechenden Wettbewerbs wird dann durch die Bandbreite der ständigen leichten Überforderung bestimmt. Und wem das zu kompliziert und zu allgemein ist: Wettbwerb erreicht man durch offene Türen und Fenster, wegen des frischen Windes. Man muß nicht besinnungslos die eigenen Haustiere zur Schlachtbank führen, nur damit noch ein Metzger mehr etwas zu verdienen hat.

Wirtschaftender Mensch – Den nicht wirtschaftenden Menschen gibt es nicht. Es gibt nur den wirtschaftenden Menschen. Jeder für sich selbst. Es ist unabdingbare Aufgabe jeder gesellschaftlichen und staatlichen Organisationsform, ihn dazu zu befähigen. Ihm den Entfaltungsspielraum zu geben. So! Und jetzt haben also all die recht, die jedwede Fürsorge fahren lassen wollen, um die Lohnnebenkosten wegzubekommen, oder?

Nein, haben sie nicht! Ob jeder zum Beispiel für seine Altersvorsorge oder sonstige Belange allein zuständig ist oder nicht – das sind ganz andere Fragen sinnvoller Alternativen –, an den Kosten für die Unternehmen ändert das nämlich nichts. Es war ja schon vom Leistungslohn die Rede, vom guten und hohen Leistungslohn; das Wörtchen hatten Sie wohl überlesen. Es steht aber nicht zufällig in diesem Text. Die Annahme, irgendwer habe Eigentum an Produktionsmitteln, irgendwer verfüge über Investitionsmöglichkeiten, und das berechtige ihn auch, möglichst billig und knechtend andere Menschen, die diese Form von Eigentum nicht haben, für sich und zu seinem Wohl arbeiten zu lassen, ist doch nichts weiter als eine weitere Ausprägung selbsternannten Herrenmenschentums. Und um zu zeigen, wie unwichtig das alles ist, hier zwei kleine Hinweise: Eigentum ist nichts weiter als die Duldung daran. Wer es übertreibt, den kann man getrost wegjagen. Und Geld ist etwas ganz anderes. Dazu komme ich gleich noch.
Um aber die am Horizont jetzt von einigen schon erkannte drohende rote Gefahr abzuwenden: Mir geht es nicht im geringsten um Enteignung.Ich möchte nur auf die Zerbrechlichkeit abgeblich fester Strukturen hinweisen. Wer aber einfach nicht anerkennen will, daß er es mit anderen Menschen zu tun hat, die ihm nicht im mindestens etwas schuldig sind, der kann wegbleiben. Wer nicht erkennt, daß jeder einzelne Mensch als wirtschaftendes Subjekt gleichen Stellenwert hat, der soll sein Geschäft auf dem Mars machen. Der ist für die weitere Evolution der Art hier auf diesem Planeten nur Ballast.
Respekt als sozialem Leitgedanken des Wirtschaftens – So, So! Und jetzt kommen wir also zu den „soft facts“ oder wie das mitlerweile heißt? Nein. Respekt ist ein unabdingbarer Wert in jeder Form sozialer Organisation. Ein Wesensmerkmal der Gattung der Säugetiere. Respekt hat evolutionären Charakter. Er ist unverzichtbare Voraussetzung auch für die kleinste Anstrengung zu Leistung. Respekt ist aber nicht eine bewertbare Größe. Man kann ihn nicht kaufen. Willfährigkeit kann man kaufen. Nicht aber Resepkt und auch nicht Leistungsbereitschaft. Kaufen kann man nur die abgelieferte Leistung.Und ob die hoch ausfällt, ist auch und gerade eine Frage des Respekts, mindestens gleichwertig dem Lohn.
Wirtschaftsspirale – Am besten bildet eine Spirale das ab, was Wirtschaften im evolutionären Sinne eigentlich ist. Sie dreht sich scheinbar in Kreisläufen. Tatsächlich aber hat sie eine kontinuierliche Ausdehnung. Sie dreht sich mal schneller, mal langsamer, sie dehnt sich mal stärker, mal schwächer, sie schwingt auch manchmal etwas hin und her. Aber solange sie in den erlaubten Bandbreiten (Unschärfe!) bleibt, ist sie stabil und dreht sich immer weiter. Sie kann sogar kräftige Stöße von außen abfangen. Genau das ist es, was mit Mehrwert und ständigem Wachstum prinzipiell gemeint ist: Das Weiterdrehen der Spirale; den nächsten Spiralarm anbauen.
Nur ein Bild? Nein. Die vielbeschworenen Kreisläufe gibt es gar nicht. Und das in zweierlei Hinsicht. Es gibt keine völkische Substitutionswirtschaft (Wirtschaften war und ist immer eine globale Aktivität, nur die Weite des Horizonts hat sich verändert) und es gibt keine immergleichen mechanistischen Vorgänge, wie sie die Neo- oder sonstigen Liberalen postulieren.
Auch das oft gehörte Nullsummenspiel (linke Tasche, rechte Tasche) gibt es nicht. Wenn irgendwo etwas weggenommen wird, dann bricht das System zusammen. Auch wenn es woanders landet, so paßt es da nicht hinein. Es ersetzt das Loch nicht. Worte lügen nicht: Wenn so oft von „Gegenfinanzierung“ die Rede ist, dann zeigt das nur die Angst vor dem Voranschreiten. Dabei kann man Fehler machen. Auf der Spirale allerdings muß man etwas machen, das „Vorfinanzieren“ heißt. Oder Investieren. Da nimmt man dann eine neue Windung vorweg. Sonst geht es nicht voran.
Die Wirtschaftsspirale kann aber auch einmal in einen Resonanzzustand geraten, mit richtig kräftigen Schwingungen. Sie kann auch mal ein Stück weit zurückfedern. Sie kann aber niemals brechen. Und sie kann nicht komplett rückwärts laufen. Das passiert erst dann, wenn wir Säugetierart Mensch durch die Kopffüßler ersetzt worden sind, wie einige weit voraussehende Wissenschaftler meinen.
Geld – Wie war das? Erst war die Tauschwirtschaft, dann kam das Geld als Zahlungsmittel, weil es einfacher ist. Dann kam dies und das. Und mittlerweile ist Geld gedrucktes Vertrauen. Hätten wir nach Lehman gelernt. Welch ein Blödsinn!
Der Sinn des Geldes war von Anfang an: Vertrauen auf die Erfüllung von Zusagen, und das nach akzeptierten Bewertungsmaßstäben (und darin steckt dann die unabdingbare materielle Seite des Geldes, es existiert nicht für sich allein im virtuellen Raum, selbst wenn man es als Idee nicht anfassen kann). Alles andere ist davon abgeleitet (Zahlungsmittel, Vereinfachung des Handels etc). Damit hat die Idee des Geldes evolutionären Stellenwert. Es ist unabdingbare Voraussetzung für Wirtschaften unter Menschen. Nur essen kann man es nicht.
Ich habe einmal gehört, in irgendeiner vorindustriellen Gesellschaft haben Steine vor den Häusern gelegen. Diese Steine hätten die Kreditwürdigkeit des Bewohners repräsentiert. Das ist jetzt ein Ding, nicht wahr? Also: Back to the roots. Die Wertschöpfung mit Geld aus sich heraus zu neuem Geld ist einfach nur Unfug. Das ist genauso schwachsinnig wie der Versuch, Fahrräder zum Fliegen zu bringen, weil das die Flugzeuge sparen würde.
Ja, aber: Wenn man Geld nicht essen kann, so kann man doch damit zu Essen kaufen, oder? Nein, kann man nicht. Denn damit man etwas zu essen kaufen kann, muß das erst einmal produziert werden. Und zwar mit Mehrwert für die Produzenten. Dazu braucht man Geld. Kennen Sie „Dune, der Wüstenplanet“? „Das Spice muß fließen“, heißt es da. Paßt hier haargenau. Wenn Geld benutzt wird, um mit sich selbst zu handeln, dann fehlt es da, wo es gebraucht wird. Also, gebt den Zockern Chips, wie es in jeder Spielbank (schon wieder etwas für „Worte lügen nicht“) üblich ist.
Aber: Wo soll denn das benötigte Geld herkommen? Das muß doch erst einmal verdient werden! Nein, muß es nicht. Solange das Vertrauen da ist, kann es gedruckt werden. Das ist bei jedem Kredit so. Das Vertrauen darf nur nicht (allzu sehr) enttäuscht werden. Vor allem nicht durch Kredite, die nur als Halbzeuge auf dem „Veredelungsweg“ zum Derivat gebraucht werden (Subprime).
Geregelter Markt – Der Markt regelt sich doch selbst? Mit Angebot und Nachfrage. Das ist doch genug. Ist es nicht. Hat Luther auch schon festgestellt. Evolutionäres Wirtschaften funktioniert nur in Bandbreiten, schmalen Bandbreiten. Das ist für alle Beteiligten gesünder. Vor allem in Bereichen, in denen die Verlockungen groß sind, zum Beispiel Energie, Wasser, Wohnen, da darf „das sichere Geschäft“ dann auch gern ein kleines sein. Sicherheit und hohe Rendite passen halt wirklich nicht zusammen; da haben die Marktradikalen nun einmal recht. Das muß man der Fairness halber auch erwähnen.
Und alles weitere? Neue Produkte usw.? Nun, der Markt kann überhaupt nichts regeln. Er ist nur ein Begegnungsplatz, sonst nichts. Man darf ihn nicht überfordern. Und antizipieren und neue Entwicklungen aufgreifen, das macht aber der Markt dann von allein! Nein, auch das macht er nicht. Das Beispiel der ersten Eisenbahnlinie in England mag das zeigen (ist auch unverfänglich, da sich dort nur frühe Marktradikale untereinander in die Quere kamen).
Also: Auf Basis einer vorhandenen, aber noch keineswegs serienreifen Technologie (Risiko!) wollten einige investieren, um mehr erreichen zu können. Das war löblich. Und sie hatten auch kein Problem damit, durch topographisch ausgesprochen schwieriges Gelände zu bauen. In die Quere kamen sie dabei anderen, die auf dem Transportgeschäft mit Treidelkanal und Kutsche saßen. Da waren wohl die Abschreibungen noch nicht verdient worden. Gelöst wurde das ganze erst mit endlosen, aber umso intrigenträchtigeren Vorstößen im Parlament. Und wo war da die Selbstregulierung?
Ist das nicht Planwirtschaft? Ja sicher ist es das! Zumindest dann wenn, man einen Plan hat. Am besten einen guten. Zum Beispiel bei der systemischen Neuorganisation der Energiegewinnung, -speicherung und -versorgung. Dabei auf den Markt zu warten, wäre eine Adaption von „Warten auf Godot“.
Ja, aber, das ist doch Staatswirtschaft! Ja sicher ist es das! Aber nur in einem Staat, der Führen und Regieren ernst nimmt. Weder der „Drehtür-Staat“ zur Wahrung von Klientelinteressen (Achtung: Gesetze zur Wahrung von Interessen werden nur solange befolgt, wie sie nicht andere Interessen gefährden!) noch der Versorgungsstaat können das. Der unternehmende Staat kann das schon. Und ich freue mich schon wieder, mich hier selbst zitieren zu dürfen:
http://peter-rudolf-knudsen.blogspot.de/2013/04/der-unternehmende-staat.html

Wie genau man beim „Marktregeln“ die Bandbreiten beachten sollte, mag das Beispiel „mergers & acquisitions“ zeigen: Verkaufen Unternehmen, verkaufen CEOs untereinander Anteile, so ist diese Form des Unternehmertums erst einmal nur ein Zeichen für mangelnde Eigeninitiative. So kommen die gewünschten Zahlen schneller in den Quartalsbericht. Es könnte aber auch strategisches Kalkül dahinterstecken. Dann kann es zu einer Frage des Wettbewerbserhalts werden. Wenn es aber dann in eine Form von „Schrotthandel“, „Abschreibungskünstlertum“ oder gar zur „Halbzeugproduktion“ der „derivatesüchtigen Finanzindustrie“ wird, dann ist die Bandbreite verlassen. Alles klar?
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Zum Schluß: Vollkommen unwichtig sind bei all dem Besitzbürgertum und sonstige „Groß-Vermögende“. Wichtig ist nur der politische Wille und die politische Macht. Das wissen die genannten auch, sonst würden sie nicht alles tun, um diese politische Macht zu behalten. Warum eigentlich? Sie sind doch reich! Nun, weil man Geld, das für Investitionen gebraucht wird, drucken kann. Das liegt am Wesen des Geldes, denn solange Vertrauen da ist und es nicht „verjuxt“ oder „verpraßt“ wird, funktioniert das. Man darf das Vertrauen nur niemals (tief) enttäuschen. Und auch das Eigentum an Grund und Boden und an sonst etwas anderem ist nichts weiter als eine gesetzlich geschützte Duldung. Man sollte sorgsam damit umgehen und sich die weitere Duldung sichern.
Auch ist hier ist gar nicht von Gerechtigkeit und Neid und all dem anderen Vielgehörten die Rede. Warum eigentlich nicht? Nun, weil es darum nicht geht. Gerechtigkeitsempfinden und Neid beschreiben Wesenzüge des Menschen. Grundlegende Wesenzüge. Die systemischen Hintergründe, die systemische Basis, auf der wir in der Gattung der Säugetiere stehen, ist aber wesentlich älter. Und ich finde, es macht gar nichts zu erkennen, daß auch wir ganz bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterliegen.
Und noch etwas mit auf den Weg: Die gegenwärtige Situation und ihre Tendenzen führen zwangsläufig in einen Verteilungskrieg. Wer den will, der soll ihn meinethalben haben. Ich, der Leiharbeiter,fürchte diesen Krieg nicht. Aber es kann auch ohne gehen. Das soll nicht an mir liegen.
Ganz zum Schluß ein Späßchen: Unter Fehlallokation verstehe ich ab sofort alles, was nicht in meiner Tasche landet. Womit der Kapitalismus als das entlarvt ist, was er wirklich ist: Ein Witz in der Mitte der Geschichte. So wie die bürgerliche Gesellschaft.

Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im Dezember 2013

Montag, 16. Dezember 2013

Bürgerlichkeit und Generationenvertrag

„Generationenvertrag“ – eine Platitüde aus der politischen Klamaukwelt des Bürgertums. Wer, wenn nicht die Jüngeren, sollte die Alten denn versorgen? Und umgekehrt, wer, wenn nicht die Eltern, sollte die Kinder denn versorgen? Das liegt nun einmal daran, daß wir Menschen Säugetiere sind. Diese Tatsache zeigt aber auch folgendes: Zur Lebensstrategie der Gattung der Säugetiere gehört das soziale Verhalten. Und je weiterentwickelt die einzelnen Arten innerhalb der Gattung sind, desto weiterentwickelt ist auch deren soziales Verhalten.

Aber das führt eben nur zu der Erkenntnis, daß das Bürgertum gar keine Gesellschaftsform ist. Denn es hat kein soziales Verhalten. Es kennt nur zeitweilige Zweckgemeinschaften zur Wahrung des status quo. Und so kommt man dann auch nicht weiter. Weder bei Pensionslasten noch bei Bildung und Ausbildung.
Vielleicht reden die Bürgerlichen auch deshalb immer von Tradition, weil sie eben nur diese, auch wenn sie nur vermutet wird, kennen. Vielleicht ist ihr politisches und gesellschaftliches Gesichtsfeld ja gewissermaßen schon polit-genetisch sehr stark eingeschränkt.
Das würde auch erklären, warum  die Diskussionen um Rente und Kindergartenplätze und um was weiß ich noch alles, sich ständig um einen vollkommen inhaltslosen Gerechtigkeitspol drehen. Inhaltslos? Ist das nicht wichtig? Wichtig schon, aber nicht Angelpunkt, um wirklich voranzukommen. Es ist eben nur der Drehpunkt der Diskussionen: Sich immer weiter im Kreise drehen, bringt halt keinen Schritt weiter nach vorn.
Dazu gahört auch die ständige Warnung davor, nicht den künftigen Generationen Lasten aufzubürden, die die dann nicht mehr tragen können. Welch eine Erkenntnis! Vor allem, wenn man einmal eingesehen hat, daß selbst der visionärste der visionären Politiker einen Zukunftshorizont von vielleicht zehn Jahren erfassen kann. Die aktuellen „Organisierer des demographischen Wandels“ sollten mit ihren Antizipationsversuchen besser zum Merlin gehen.
Zu was das führt, soll das Beispiel von Udo Bürgermann zeigen; nennen wir ihn halt so, als Arbeitstitel: Der will keine Kinder. Die kosten nämlich nur Geld. Der will lieber was von seinem Leben haben. Aber er ist verantwortungsbewußt. Er legt Gold zurück für sein Alter. Und Gold haben schon die alten Griechen gemocht. Das geht immer. Das ist er sich selbst schuldig. Er will im Alter von niemandem abhängig sein. Das läßt sein Stolz (er nennt es bürgerliches Verantwortungsbewußtsein) nicht zu. Ein paar Jahrzehnte später stellt er fest, daß sein Gold reichlich an Wert verloren hat. Das Gold hatte nämlich gar nichts mit der Altervorsorge am Hut. Es wollte vielmehr kräftig gehandelt werden. Und da guckt Udo dann dumm aus der Wäsche.
Was hat Udo eigentlich falsch gemacht? Nun, er hat sich ganz einfach nicht säugetiergerecht verhalten. Das ist im übrigen die einzige Stelle, an der der Wortsteil „gerecht“ sinnvollerweise in der ganzen Diskussion gebraucht werden sollte. Er hat weder für den Erhalt und vor allem den Ausbau der Gesellschaft etwas getan (muß er auch nicht unbedingt mit eigenen Kindern tun). Er hat auch nicht im mindesten begriffen, daß er auch in Zukunft, wie heute, aus dem Hier und Jetzt lebt (die Vorausschaubarkeit ist ja etwas begrenzter als angenommen).
Hier und Jetzt heißt aber eben nicht: „Von der Hand in den Mund“. Es heißt vielmehr, daß systemisch Mechanismen installiert werden müssen, die einerseits Motivation zur Leistung abgeben. Und die Aussicht auf ein halbwegs gesichertes Alter ist Teil dieser Motivation; diese Aussicht hilft, Risiken zu ertragen. Andererseits müssen diese Mechanismen die versprochenen Leistungen erbingen können, ohne die mittleren Generationen zu erdrücken.
Nun, diese Mechanismen gibt es längst. Sie funktionieren, zum Beispiel in Schweden, recht gut. Dort „scheißt der schwedische Teufel eben auf den größten Haufen“. Und das ist der am Kapitalmatkt agierende Staat. Der unternehmende Staat also. Nicht der quatschende. Und wenn es dem deutschen Bürger nicht gefällt, einfach etwas kopieren zu sollen, dann mag er halt seine Michelmütze an das System hängen und sagen, es wäre von ihm. Das könnte ich noch ertagen. Nicht ertragen will ich mehr das dumme Gerede zu diesem Thema.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im Dezember 2013

Samstag, 14. Dezember 2013

WIMpis OIMpis und FOIMpis

Die sogenannte „Internationale Gemeinschaft“ beschreibt nichts weiter als die fortgeschriebene Situation auf dem „Hegemonialmarkt“ nach dem 2. Weltkrieg, die augenblickliche Welt-„Ordnung“. Geordnet im Sinne von neuen Verhaltensweisen, wirklich neuen Strategien ist da allerdings gar nichts. Die Handlungsweisen und vor allem die Allmachtsphantasien sind dieselben wie seit Stonhenge’s Zeiten.

Im Augenblick sind gerade drei „hegemoniale Marktteilnehmer“ dabei, sich aufzustellen, umzugruppieren oder sonst all das zu tun, was Hegemone und solche, die es werden wollen, schon immer gemacht haben: die West-Imperialen (WIMpis), die Ost-Imperialen (OIMpis) und die Fernost-Imperialen (FOIMpis). Sie haben dabei auch stets die gleichen und die schon immer angepeilten Ziele im Visier: Herrschaft über das Öl, Herrschaft über den Ackerboden, Herrschaft über irgendwelche anderen Ressourcen sowie die militärische Omnipotenz und allgegenwärtige militärische Präsenz. Das ist alles nicht neu, kann man in der römischen und sonstigen Geschichte nachlesen. All das ist nicht neu; es ist erdrückend und oft tödlich, aber nicht neu.

Doch was steckt dahinter? Wie kommt es immer wieder zu solchen Erscheinungen? Ist das evolutionär oder gar genetisch determiniert? Können wir Jäger und Sammler am Ende gar nicht anders? Ich denke schon. Ich meine vielmehr, darin nur die krankhaft verengte Weltsicht des sogenannten „Kleinen Mannes“ wiederzuerkennen. In meiner Sicht auf den Bürger meine ich aber schon konkret genau das: das Bürgertum an sich, die sogenannte bürgerliche Mitte. Darum geht es in diesem Blog schließlich.
Also, so sehe ich das: Das Imperium als gedankliches Konstrukt, als Idee, ja als Leitidee, das ist  die Herrschaft des „Kleinen Mannes“ (kleinmütig und kleingeistig), die Herrschaft über den „Kleinen Mann“ und seine Allmachtsphantasien. Das alles wird „organisiert“ durch selbsternannte Eliten oder „Schutzpatrone“. Das Imperium, das Reich besteht nur im Kopf des mutwilligen, ja des vorsätzlichen Untertanen, der von seinen Eliten immer neue „Unterklassen“ präsentiert bekommt, auf die er herabschauen darf. Das macht in wichtig und das macht ihn dauerhaft gefügig. Das macht ihn folgsam, dann folgt er willig. Dann ist er endlich das, was folgt: das Volk.
Und an „Unterklassen“ brauchen „die Eliten“ immer öfter auch gar nicht auf andere Völker zurückgreifen. Das ist gar nicht so opportun. Hierzulande kann man bequem die eigenen Leute heranziehen: „Hartzer“ und Leiharbeiter zum Beispiel. Aus meiner Erfahrungswelt sind es gerne Menschen, die ihren Lebensunterhalt in einem beitrags- und steuerfinanzierten Bereich (DER Domäne des Staatsbürgers!), zum Beispiel im Gesundheitswesen, verdienen, die sehr gerne darauf verweisen, daß auch die Briten in ihrem Imperium Sklaven hatten. Dann dürften sie das ja auch. Und wenn halt die „alten Sklaven“ nicht verfügbar sind, na dann nehmen sie halt neue, aus der näheren Umgebung. Und nur damit es klar ist: Jeder kann gerne die Namen dieses Gesindels von mir erfahren. Ich fabuliere hier nicht.
Das Imperium entsteht überdies in den Köpfen des kleinen Bürgers; stets einhergehend mit wachsender Dummheit und Ignoranz, wachsender Imkompetenz und Impotenz. Und das spürt der kleine Bürger auch selbst. Deswegen ist ihm bei der ganzen Sache auch immer etwas mulmig. Andere könnten es ja bemerken. Auf der anderen Seite verschwindet das Imperium schlagartig, wenn sich niemend mehr dafür interessiert, wenn der selbtsgewählte Status „Kleiner Mann“ durch aufgeklärtes Selbstbewußtsein abgelegt wird. Und dies passiert dann wirklich schlagartig. Es dauert keineswegs vierhundert Jahre, bis Rom untergeht, wie das ein Altbundeskanzler einmal meinte, um uns darauf hinzuweisen, wir hätten noch einige Zeit vor uns, in der wir gar nichts machen könnten.
Noch einmal: Zur Zeit durchlaufen wir eine imperiale „Findungsphase“ mit den WIMpis, OIMpis und FOIMpis. Deren auxiliarii oder föderatii wechseln ab und zu, im wesentlichen sind die Gruppierungen aber klar und deutlich. Auch buhlen die drei nicht jeden Tag um den Willigsten der Willigen neu.
Da der deutsche Bürger aber immer Weltmeister sein will – unter dem macht er es ja nicht –, läuft er auch hier vorneweg. Er ist halt der historisch am besten qualifizierte Untertan. Gelernt ist gelernt.
Um es deutlich zu sagen: Das paßt mir nicht. Es gefällt mir nicht im mindesten, welche Richtung mein Vaterland einschlägt. Die übersteigerte Adenauersche Westintegration (Rom liegt im Augenblick im Westen!) treibt langsam die merkwürdigsten Stilblüten. Auch wenn ich garantiert nicht zu denjenigen gehöre, die den Laptop durch den Klapprechner ersetzen wollen (So nebenbei: Solche Leute sollten sich zum Beispiel einmal die „Seefahrtssprache“ anschauen, die seit Jahrhunderten bestens funktioniert. Und zweitens reichen mir Klappstühle, vor allem die, die selbst laufen können); auch wenn ich nicht zu denjenigen gehöre, die sich über Ranger in deutschen Naturparks aufregen (die heißen in reichlich vielen Ländern der Welt so), so finde ich die auch optische Anbiederung an US-amerikanische Polizeiuniformen und –auftritte (von den Methoden ganz abgesehen) langsam peinlich. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, daß niemand auf der Autobahn 45 bei Lüdenscheid, das liegt im Märkischen Kreis, im Sauerland also, die Laufschrift „Traffic Jam“ an einem Polizeifahrzeug verstanden hat.
Doch Spaß beiseite: Die vorauseilende Anbiederung an die WIMpis (ursächlich auch begründet durch eine ja nachvollziehbare Angst vor den OIMpis – die hätten ja auch allen Grund gehabt sich zu rächen –), sollte gerade für den bürgerlichen, den gelernten Untertanen Warnung sein. Dabei geht man in der Regel noch vor seinem Hegemon den Bach ’runter. Kann er von mir aus auch gehen, der deutsche Bürger. Ich halte ihn nicht auf. Ich gehe nur nicht mit. Vielleicht gehe ich lieber nach Europa, allerdings nicht zur augenblicklichen EU.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im Dezember 2013

Montag, 9. Dezember 2013

Der Kapitalismus ist keine Wirtschaftsform

Was soll das? Was soll dieser Text? Nun, er soll dazu beitragen, Versäumtes nachzuholen. Die 1980er Jahre hinterließen nicht einfach nur einen untergegangenen Sozialismus, sie hinterließen auch ein Vakuum, eine Leere bar jeder konzeptioneller Neuausrichtung. Der Kapitalismus hatte sich nicht als die siegreiche Kraft im evolutionären Ringen erwiesen, er war einfach nur übriggeblieben. Das hatte schon damals nicht gereicht, um eine notwendige neue Basis abzugeben.
Wie aber soll man das machen? Zweifelsfrei könnte man jetzt eine Eingebung haben, die einem erstens kurz die Welt neu erkennen läßt und die einem zweitens die sinnvolle neue Ordnung, insbesondere die Wirtschaftsform, gleich mitliefert. Man kann aber auch einen anderen Weg gehen – Eingebungen dieser Qualität sind halt selten, dafür meistens auch nicht so tragfähig wie man meinen möchte –: in einem Ausschlußverfahren erst einmal alles weglassen, was definitiv nicht hilfreich ist. Dazu aber braucht man einen Maßtab.
Die erste Frage ist daher: Was bitte schön ist eigentlich eine Wirtschaftsform, was ist eine Wirtschaftsordnung und was soll die bewirken? Ich meine, es verhält sich so …
Die Wirtschaftsform hat die Aufagbe, den Sinn allen Wirtschaftens zu befördern. Das ist das Schaffen von Mehrwert, die ständige quantitative und vor allem die ständige qualitative Verbesserung. Das ist es, was dann Wachstum ausmacht. Übrigens auch Wachstum im banalsten Sinne: Wachstum der Bevölkerung. So ist die Welt keineswegs überbevölkert. Die Menschen konzentrieren sich nach wie vor seit Flintstones Zeiten auf die Küstenregionen. Es gibt noch genug Siedlungsraum. Aber für den muß man halt etwas tun, und das auch noch vorsichtig, um nicht dieselben Zerstörungen zu verursachen wie in der Vergangenheit. Und das die Menschen wachsen sollen, hat einen einfachen Hintergrund: Je mehr sie sind, desto mehr Potential haben sie auch. Daß das irgendwann an eine systemische Grenze stößt, ist nicht weiter schlimm. Dafür hat die Evolution eigene Regelmechanismen. Die können wir ruhig von allein wirken lassen. So fatal wirken die sich gar nicht aus. Im Augenblick jedenfalls ist das Boot keineswegs voll, das europäische schon gar nicht.
Die Wirtschaftsform hat die vornehmste Aufgabe, das Wohlergehen des wirtschaftenden Menschen zu befördern, nicht nur zu erhalten. Und der wirtschaftende Mensch ist jeder Mensch. Den nicht wirtschaftenden Menschen gibt es nicht. Nur um richtig verstanden zu werden: Das Wohlergehen ist erstens nicht das Versogen mit Grundbedürfnissen (Wer legt das eigentlich fest?) und es ist zweitens nicht das Befördern grenzenlosen Reichtums weniger, gewissermaßen als Beweis dafür, daß jeder das schaffen könnte, wenn … Ja, wenn was? All das sind nur Phrasen jener, denen schlicht und ergreifend nichts besseres einfällt. Der individuelle Reichtum ist nicht der Maßstab für den gesamten Erfolg. Er kann eintreten; das ist mir vollkommen gleichgültig, solange es nicht zu bleierner, alles erlahmender Herrschaft führt. Aber er darf erst dann eintreten, wenn das Wohlergehen aller gesichert ist. Und zum Wohlergehen gehört halt mehr als nur das sogenannte Grundbedürfnis. Dazu gehört vor allem der individuelle Erfolg, nach ganz individuellen Maßstäben. Erst das bewirkt Motivation zu noch mehr Leistung.
Die Wirtschaftsform hat die Felder des wirtschaftlichen Handelns zu definieren. Diese Felder können durchaus wechseln. Das hat mit den Zukunftsperspektiven zu tun. Die ändern sich nämlich von ganz allein. So wie es eine, noch gar nicht so lange vergangene, Vergangenheit gab, in der Schreibmaschinen überflüssig wurden, so wird es Zeiten geben, in denen der Individualverkehr in seiner jetzigen From überflüssig werden wird. Aber dennoch gab es, gibt es und wird es Felder geben, die einer strengeren Ordnung unterliegen müssen: Wasser, Boden (vor allem Ackerboden), große Wälder und die Meere zum Beispiel. Es mag ja verlockend sein, diese Felder zu beherrschen, daraus eine „ewige chash-cow“ zu machen, aber das sollte man sich wirklich verkneifen. Und wer das nicht von allein einsieht, dem darf dabei auch gerne geholfen werden. Und um auch hier richtig verstanden zu werden: Produkte, die Freude machen, sind gute Produkte. Will heißen: Ich rede hier nicht einer allumfasseden Reglementierung das Wort.
Die Wirtschaftsform hat Zukunftsperspektiven aufzuzeigen, ja zu antizipieren. Und alles dafür zu tun, um die Perspektiven Realität werden zu lassen. So etwas nennt man Führung. Von allein wird das nichts. Die „Märkte“ machen so etwas nicht. Die kennen sich nur auf ihren kleinen Inselchen aus, ohne zu verstehen, was sie auf dem Rest der Welt anrichten. Nun, Führung kann auch ein weiser König leisten (Ja, Führung ist eine Leistung, eine Arbeit, zudem mit Arbeistpflicht!); aber ich habe so die Erfahrung gemacht, daß das gesamte Weisheitspotential einer Gruppe sehr schnell schwindet, wenn der Quell aller Weisheit ein einzelner ist. Da ist es doch wohl besser, die Menschen insgesamt mit einzubeziehen, auch wenn so mancher Findungsprozess dann recht kurvenreich verläuft.
Und der Kapitalismus?
Der Kapitalismus ist das alles nicht. Vor allem, weil er als Gegenstand des Wirtschaftens nur OPM kennt: Other Peoples Money – Das Geld anderer Leute. Er verteilt nur um, ohne Mehrwert zu schaffen. Und niemand möchte mir bitte jetzt das Märchen vom Buchgeld erzählen. Das ist bestenfalls eine Art holographisches Elemtarteilchen mit extrem kurzer Lebenszeit. Es materialisiert überdies in neuerer Zeit verstärkt in Verlsuten, die systematisch zu Staatsschulden werden. Niemand braucht es.
Der Kapitalismus, auch in seinem historischen Werdegang („Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ zum Beispiel) begründet nichts weiter als ein neues Herrenmeschentum. Reichtum als Gottes Lohn für ein gottgefälliges Leben war schon immer die Grundlage der Herrschaft jeden Gottkönigs und jeder Priesterkaste. Auch das braucht niemand.
Vor allem aus diesem Punkt (Herrschende Kasten müssen ihre Herrschaft ja erhalten!) folgt: Der Kapitalismus ist in seinem Kern eine einzige Wachstums- und Fortschrittsbremse. Stets den Return of Investment abwarten zu müssen (zu müssen, nicht zu wollen), läßt neuen profitablen Möglichkeiten keinen Entfaltungsspielraum mehr. Und wer den Startschuß verpaßt, den kann auch gleich in den Blöcken bleiben, um es sportlich zu umschreiben.
Und: Der Kapitalismus ist vom Prinzip her der Resourcenvernichter schlechthin; ein Musterbeispiel an Ineffizienz. Obwohl er stets bemüht ist, die Arbeitskosten zu drücken, schafft er keinen Gewinn. Er ist doch immer nur auf der Suche nach dem Topf mit Gold (Diese Analogie zu den irischen Kobolden finde ich recht aktuell!). Und wenn er ihn gefunden hat, dann plündert er ihn aus. Bis zum Grund. Nichts als der leere Topf bleibt übrig. Und den, der hat ja dann keinen Sinn mehr, müssen andere entsorgen. Und wie dem armen Topf, so ergeht es ganzen Landstrichen und Staaten.
Der Kapitalismus hat sozusagen statt eines Profitgens ein Insolvenzgen in sich. Er hat einen genetischen Webfehler. Den kann auch kein Molekularbiologe wieder reparieren. Wir sollten diese Bude wacker zumachen, um es im Ruhrgebietsdeutsch (meiner Muttersprache) zu sagen.
Noch einmal: Was bleibt dann noch vom Kapitalismus? Die Antwort ist einfach: Nichts. Und das ist entschieden zu wenig.

Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im Dezember 2013

Donnerstag, 9. Mai 2013

Der Mehrwert Geldschöpfung vs Wertschöpfung

„Auf der Suche nach dem Higgs-Teilchen der Ökonomie“ oder „So funktioniert der Kapitalismus!“ Ich bin umgeben von Zauberlehrlingen – von Lehrlingen, nicht von Meistern!

Die reine kapitalistische Lehre braucht die reale Welt nicht. Buchgeldschöpfung der „Marktteilnehmer“ untereinander reicht völlig aus. Im Prinzip gibt es dann auch keine Schulden, keine Pleiten mehr. Allein: Geld kann man nicht essen, nicht davon existieren. Es muß also irgendwann „materialisieren“ (und tut es „zwischendurch“ ja auch, zum Beispiel beim Immobiliendeal mit echten, nicht nur verbrieften Immobilienanteilen). So eine reine Lehre könnte nur zwischen Computern existieren, aber auch die brauchen Energie. Und die muß real gekauft werden; schon wieder ein Materialisationsproblem!
Also noch einmal (Wiederholung als pädagogisches Konzept): Die seltsame Verwandlung des „klassischen“ Giralgeldes von der saldentechnischen Größe zum wahren Wert! Das ist es, was in meinen Augen den real existierenden Kapitalismus antreibt. Das ist in der Sicht der Kapitalisten der „Stein der Weisen“. Und daher gibt es in der Sichtweise des homo oeconomicus (so sehen sich die Kapitalisten sehr gern selbst, allerdings repräsentieren sie den wirtschaftenden Menschen in keinster Weise) eigentlich gar keine Schuldenprobleme – würde das Geld nicht zwischendurch immer „materialisieren“ wollen oder müssen. Und irgendwann müssen Salden auch einmal glattgestellt werden.
Und noch so ein Widerspruch im real existierenden Kapitalismus: derSchuldenabbau durch Vermögen. Und damit meinen die dann plötzlich Realvermögen. Nur: wessen Vermögen? Buchgeldvermögen, geschöpftes Geld wird dann plötzlich nicht mehr akzeptiert. Oder man traut sich dann nicht, einfach Buchgeld wieder zu vernichten. Es ist schon seltsam. Die „Erfinder des Systems“ trauen sich dann nicht, das System selbst zu Ende zu denken. Warum bloß? Weil es nicht geht. Das postulierte Buchgeldsystem existiert einfach nicht. Und so kommt man zu dem Ergebnis, zur Schuldentilgung irgenjemandes Vermögen zu nehmen (zum Beispiel von Menschen, die ihr Geld zufällig auf irgendeinem Konto hatten), weil derjenige ja Zeit genug hatte, etwas daraus zu machen oder es lange genug genutzt hat. Das ist keine Logik, das ist schlicht und ergreifend Diebstahl.
Viel wichtiger aber ist, daß durch den real existierenden Kapitalismus  gar kein Mehrwert geschaffen wird. Mehrwert, auch so ein Zauberwort. Der Mehrwert ist das, was es mir hinterher, nach einem Geschäft, an Wert mehr gegenüber vorher ist. Das ist das evolutionäre Prinzip der ständigen Verbesserung im Vorgriff, ohne konkreten Anpassungsdruck. Es ist nicht die Anpassung im Nachhinein an geänderte Voraussetzungen. Die funktioniert nämlich gar nicht, weil der nicht schon vorher Anpassungsfähige im Falle des schnellen Anpassungsdruckes gar keine Zeit hätte, zu mutieren. Fähigkeiten entstehen aber nicht gezielt, auf Vorrat gewissermaßen. Sie entstehen, weil sie es können, weil es im Entwicklungsprinzip so angelegt ist.

Was hat es mit dem Geld eingentlich auf sich?

Geld ist als hilfreiches Instrument des Wirtschaftens der Menschen untereinander gedacht. Geld ist ein Vertrauensvorschuß, eine Kreditzusage und ein Vertrauen auf Rückzahlung beziehungsweise auf die Einhaltung von Zusagen überhaupt. Damit ist Geld als Voraussetzung für (Fern-)Handelsbeziehungen älter als die Zahlungsmittel es sind (stelle ich als These einfach einmal in den Raum). Zahlungsmittel repräsentieren Geld und machen es zählbar, verhandelbar, bewertbar, faßbar. Mehr aber auch nicht.
Die (Buch-)Geldschöpfung im Kapitalismus macht auch deshalb keinen Sinn, weil man Vertrauen nicht technisch schaffen kann. Vertrauen läßt sich nicht „schöpfen“. Geld ist  aber sehrwohl ein Maß für Wertschöpfung. Letztere wird dadurch monetär bewertbar, obwohl ihr Wert oder das Mehr an Wert mit Geld gar nichts zu tun hat. Mehrwert ist nichts weiter als das, was jemand für sich als (Mehr-)Nutzen erkennt. Und dieser Nutzen kann durchaus einfach nur Vergnügen sein. Produkte und Leistungen, die Freude machen, sind gute Produkte und Leistungen. Sie haben daher einen (Mehr-)Wert.
Wenn der augenblickliche Kapitalismus von Geld und Geldschöpfung redet, dann meint der etwas anderes: er meint irgendwelche Einheiten, die sich durch bloßes Bewegen zwischen Konten errechnen lassen. Das ist mathematisch vielleicht möglich. Aber es ist kein wirtschaftlich bedeutsamer Vorgang.
Apropos Mathematik. Ich bin der festen Überzeugung, daß Wirtschaften nur in sehr eingeschränktem Maße über die Möglichkeiten der Mathematik verfügt. Wirtschaften findet weder im Bereich der imaginären Zahlen noch im Bereich der negativen Zahlen statt. Und auch die Null bleibt außen vor. Wirtschaften kann nur im Bereich der positiven Zahlen stattfinden. Es gibt auch nur eine Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung oder eben Stillstand. Es gibt höchstens die Möglichkeit, falls die Zahlen zu hoch werden und ein schlechtes Gefühl verursachen, einfach alles beispielsweise zu halbieren. Weil das so ist, muß Wirtschaften auch stets auf Mehrwert angelegt sein. Über die Geschwindigkeit ist dabei allerdings noch nichts ausgesagt. Auch das ist eher eine Frage des guten Gefühls – und der besser zu vermeidenden Nebenwirkungen (ressourcenschend, menschengerecht, steuerbar).
Jetzt haben sie mich am Ende doch noch erwischt, meinen Sie? Geldschöpfung sei doch Wertschöpfung! Die besseren und hohen Zahlen auf dem Konto schütten doch auch Glückshormone aus. Stimmt. Für diesen einen Augenblick. Sobald der Prosecco zum Anstoßen auf den Erfolg ins Spiel kommt, „materialisiert“ die ganze Sache wieder, denn der muß real bezahlt werden. Wertschöpfung ist trotz aller gedanklicher, ja emotionaler Bewertung, die dahinter steckt, eine Sache der „Materiellen Sphäre“. Geldschöpfung ist Bestandteil einer immateriellen, je spirituellen Sphäre (sie gehört noch nicht einmal zum „real existierenden digitalen Raum“).

Fazit

Auch wenn es viele Beispiele für völlig abstruse Denkmodelle gibt (zum Beispiel die Lehre, es gäbe unterschiedliche Rassen von Menschen), die viele Jahre, ja Jahrhunderte lang das Leben der Menschen bestimmt haben, so gilt doch eines: das Instrument Geld ist zu wichtig, um es den Kapitalisten zu überlassen.
Der real existierende Kapitalismus dieser Tage ist nicht Ausgeburt der Hölle, nicht Zeichen maßloser Gier oder am Ende die Überwindung des materiellen Elends der Menschheit. Er ist – und bei genauem Hinsehen sind die Dinge meist sehr einfach –: einfach nur dummes Zeug.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im Mai 2013

Montag, 22. April 2013

Das Europäische Haus

Das einige Europa. Für die einen der Garant des Friedens, für die anderen die Aufgabe aller ihrer nationalen Errungenschaften. Nun, vielleicht geht es auch ein wenig unaufgeregter, angemessener.

Daß die europäischen Nationalstaaten historisch nichts weiter als Krieg untereinander und, als das nicht mehr reichte, weltweit geführt haben, daß sie durch Kolonialismus und übersteigerte Selbstsicht Unglück und Verderben über die Welt gebracht haben, das sind einfach nur historische Tatsachen. Ebenso Tatsache ist auch, daß sie all das nur vermochten, solange sie sich untereinander nicht verständigen konnten. Sie hatten nicht gelernt zu kooperieren. Die erfolgreichste Strategie der Evolution, die Kooperation, war in Europa noch nicht angekommen. Nach dem letzten großen Knall scheint dies aber so langsam wahrgenommen zu werden.
Ferner ist es keine große Erkenntnis, daß die einzelnen europäischen Staaten in der sich neu formierenden Welt chancenlos sind. Dadurch, Gott sei Dank, wird auch von außen Druck ausgeübt, der zur Kooperation nötigt. Allerdings noch nicht mit dem wünschenswerten Erfolg. Gerade im Augenblick droht alles wieder auseinanderzulaufen, obwohl es dazu gar keinen Grund gibt.
Denn die vielbeschworene Eurokrise und die noch mehr beschworene Staatsschuldenkrise gibt es im eigentlichen Sinne gar nicht. Es gibt lediglich die Fehlentwicklung, alle Kräfte auf die sogenannte Finanzdienstleistungsindustrie auszurichten. Eine „Industrie“, die nur Werte umverteilt, aber keinen Mehrwert schafft. Dahinter lugt noch immer der Gedanke vom europäischen Übermenschen hervor, der sich nicht mehr selbst mit Arbeit die Hände schmutzig zu machen braucht; er macht jetzt in Dienstleistung.
Und auch die sogenannten Staatsschuldenkrisen sind, bis auf die Ausnahme Griechenland, nichts weiter als Fehlspekulationen der Banken der reichen Staaten in der EU, die sich schadlos halten wollen. Deckt sich mit der Misere der Finanzdienstleistungsindustrie, die ja für „ihren Job“ Schuldner mit bester Bonität braucht. Das können nur noch Staaten oder Völker sein. Nicht weil die soviel Geld hätten. Aber weil die am Schluß nicht mehr „auskneifen“ können. Jedes Privatunternehmen kann sich im Falle des Falles in die Insolvenz retten. Völker können das nicht. Brauchen sie als Souverän auch nicht. Sie können auch so „Finanzindustriellen“ die Grenzen aufzeigen, falls ihre Führungen und selbsternannten Eliten dies wollten.
Nein, diese sogenannten Krisen sind nur Vorwand für all diejenigen, die sich vor der sich verändernden Welt in ihrer kleinen Wagenburg verstecken wollen. So kommen manche denn auch auf die Idee von Nord- und Südwährungen, weil man die ja so schön gegeneinander auf und abwerten kann. Eigentlich aber verfolgen solche „Strategen“ nur das Ziel, den vermeintlich reicheren Norden gegen den vermeintlich ärmeren Süden abzuschotten. So eine schön breite europäische Südzone ist doch eine herrliche Grenzbefestigung gegen alle, die von noch weiter südlich vordringen könnten. Könnten. Da wird Vorneweg-Verteidigung zur Paranoia. Aber die „völkischen Autarkisten“ unter den Gutbürgerlichen waren ja schon immer etwas neben der Spur.

So aber könnte etwas daraus werden …

Auch wenn es jetzt ein wenig mechanisch wird. Das macht nichts. Ich stelle mir halt gern Zusammenhänge technisch vor. Das muß man nicht. Aber mir macht es auch ein Stück weit Freude.
Dieses technische Bild ist das Automatikgetriebe mit Doppelkupplung und Drehmomentübergabe. Damit gelingt die Kraftübertragung, ohne daß es zu „Löchern“ mit Leistungsabfall kommt. Und genauso stelle ich mir das Zusammenlaufen der europäischen Staaten vor. Die gemeinsame Währung gibt es ja schon. Und die wollen wir jetzt auch behalten. Wir kooperieren jetzt auf dieser Basis einfach weiter.
Das Zusammenlaufen in der Wirtschaft könnte durch gemeinsame Standortpolitik befördert werden, zum Beispiel in der Logistik oder bei großen Schlüsselindustrien. Ich meine damit eine politische Lösung. Nicht eine privatwirtschaftliche oder eine staatliche. So ist es im Bereich der „Personenlogistik“ gar nicht einzusehen, warum ein irischer Kobold (die mit den Goldtöpfen) sämtliche Flughäfen abweidet und verbrannte Erde hinterläßt. Das Netz europäischer Flughäfen (und Seehäfen und Güterbahnhöfe usw.) kann man politisch zum Wohle der internen Warenströme konzipieren, wenn man will.
Weiterhin könnten sehr leicht die Mehrwertsteuersätze angeglichen werden. Auch könnte die Mehrwertsteuer im gesamten innereuropäischen Warenverkehr überall gelten, wie auf einem echten Binnenmarkt eben. „Zurückgeben“ kann man diese „Mehrbelastung“ sehr leicht über Einkommen- und Körperschaftssteuern.
Auch könnten die Rentensysteme und andere Sozialversicherungen/Vorsorgesysteme leicht angepaßt werden, um sie zum Beispiel von der störanfälligen Beitragsdeckungssystematik wegzubekommen. Damit würden auch (Binnen-) Arbeitskosten vergleichbar. Darüberhinaus würde die berufliche Freizügigkeit befördert, ohne die jetzt üblichen Versicherungen eines europäischen Arbeitnehmers durch seinen „ausländischen“ Arbeitgeber bei seiner „heimischen“ Versicherung.
Es gibt sehr viele solcher Kooperationselemente, die Stück für Stück ineinandergeschaltet werden könnten, ohne daß dazu ein großer Verfassungskonvent abgehalten werden müßte. Ein solches „Verfassungskonklave“ haben wir ja schon versucht. Von weißem Rauch aber keine Spur.
Nur zwei Dinge müssen vorher „eingerichtet“ werden. Diejenigen, die solche Kooperationen absprechen, müssen demokratisch legitimiert und kontrolliert werden. Dazu stelle ich mir vor, zunächst die Wahltermine der nationalen Parlamente anzugleichen (nicht die Systeme; das kann, wenn man will, später passieren). Gleichzeitig sollten parallel immer auch die Wahlen zum Europaparlament und zur Kommission (Ja, gerade die muß demokratisch installiert werden) abgehalten werden; ergänzt meinethalben noch um Volksabstimmungen über Fortführung, Änderung oder Abbruch von Großprojekten. Alles ein bißchen viel für Lieschen Müller? Denke ich nicht. Lieschen von nebenan ist zwar jetzt 86 Jahre alt, aber dumm ist die ganz gewiß nicht. Das packt die schon.
Das zweite „große Ding“, das notwendig ist, das ist Führung. Demokratisch legitimiert hin oder her. Wer als Politiker nicht führen kann oder will, der hat seinen Beruf verfehlt oder seine Berufung mißverstanden. Aber in diesem Punkt habe ich auch meine größten Bedenken. Gerade bei uns ist es üblich, die Dümmsten und Faulsten in politische Ämter zu heben. Vielleicht weil von denen keine echte Gefahr ausgeht. Gut. Habe ich verstanden. Aber so langsam sollten sich die Menschen auch einmal wieder etwas zutrauen. Falls es einmal vorkommt, daß ein selbsternannter Führer das braune Hemd überstreift, dann kann man den auch schnell wieder zum Teufel jagen.

Fazit

Nun, man sieht deutlich, einen Einheitsstaat braucht es gar nicht, zumindest nicht am Anfang, vielleicht auch für immer nur als Vision, als Leitbild. Die einzelnen Länder können gern als „Profit Center“ agieren. Es muß aber Absprachen nach außen geben und gemeinsame Ziele. Dazu sollte auch ein zu erreichendes Prokopfeinkommen in allen Ländern gehören. Und, wäre dies ein Kartell gegen den Rest der Welt? Ja, wäre es. Na und?
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im April 2013

Sonntag, 21. April 2013

Furchtbarer und fruchtbarer Wettbewerb

Wettbewerb um seiner selbst Willen macht nicht viel Sinn. Das kenne ich von früher unter „Operative Hektik bei geistiger Windstille“ (siehe aktuell „Der Spiegel und seine mißratene Redaktions-Doppel-Spitze“). Zwei Hähne mit Messerklingen an den Füßen aufzuhetzen, ersetzt kein tragfähiges Konzept. Das muß eine Führung selbst schaffen. Führung ist eben nicht Manipulation, ist eben nicht „sich-zurücklehnen-und-andere-bei-der-Schlägerei-beobachten“. Was beim Spiegel festzustellen ist, ist die völlige Abwesenheit von Führung: Führungsimpotenz und Führungsinkompetenz in einem.
 
Diese „Zwei-Streithähne-Methode“ ist allerdings in der gesamten Wirtschaft weit verbreitet. Gerade die bekannten „Nieten in Nadelstreifen“ wenden sie gerne an, denn so können sie stets auf das Versagen des Unterlegenen im Wettbewerb verweisen. Daß die beiden Streithähne bei gelungener Führung zusammen wesentlich mehr auf die Beine stellen würden, entgeht dabei gern der Aufmerksamkeit. Der Wettbewerbsvogang ist derart unterhaltsamer Klamauk, daß die Betrachtung des Ergebnisses, der Zahlen unter dem Strich, übersehen wird. Nun, zumindest ist es ja unterhaltsam. Und wenn ein Unternehmer(erbe) sich so vergnügen will, dann soll er auch dafür bezahlen dürfen.
Weiter: Wettbewerb nur, um einigen wenigen Zugang zu den „Fleischtöpfen“ zu gewähren (das ist die eigentliche Zielsetzung bei allen Privatisierungsprojekten), ist nicht wirklich förderlich für Innovationen oder Problemlösungen. Da werden alternative Konzepte eher behindert; man beschäftigt sich nach außen zwar damit, will aber eigentlich nur die Kühe weiter in Ruhe melken.
Bei allen Versuchen, Land und Wasser zu privatisieren, wird es ganz deutlich. Mangels eigener neuer Produktideen, wird auf die Grundbedürfnisse der Menschen zugegriffen. Mit der immer gleichen Begündung: Wettbewerb würde „das Beste  im Manne“ hervorbringen und so zum Nutzen aller bessere und billigere Produkte erzeugen. In Wahrheit geht es um die Rückkehr zur Feudalherrschaft.
Das alles ist furchtbarer Wettbewerb, der nur dem einen Zweck dient, Herrschaft zu erhalten. Und vielleicht noch dem Nebenzweck, eigene Unfähigkeit zu verbergen. Dieser furchtbare Wettbewerb hat nur Vernichtung von Werten zufolge, nicht aber die Schaffung von Mehrwert. Die Übernahme eines Konkurrenzunternehmens erhöht nicht die Gesamtwerte, sie verteilt sie nur um. Sie ist nur ein Mittel der Herrschaftsfestigung. Die Folge ist nicht neuer Schwung für neue Projekte. Die Folge ist Selbstzufriedenheit und sinkende Eigenleistung.

Kooperativer Wettbewerb

Demgegenüber steht der fruchtbare Wettbewerb. Er ist ein Element der erfolgreichsten Strategie, die die Evolution hervorgebracht hat: Kooperation. Nur um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Kooperation heißt, sich zusammen an einem gemeinsamen Ziel orientieren, zum gegenseitigen Nutzen. Es heißt nicht „Friede-Freude-Eierkuchen“ oder „Koste-es-was-es-wolle“.
In der Kooperation setzt der sinnstiftende, das ist der Mehrwert schaffende, Wettbewerb schon bei der Definition der Ziele ein. Selbstverständlich setzt sich dabei eine Idee, ein Ideengeber durch. Das soll ihm zu Ehre und zu Einkommen gereichen. Wichtiger aber ist, daß das so gefundene Ziel von allen akzeptiert und stringent verfolgt werden wird.
Danach geht es im gleichen Stile weiter. Die Idee ist ja nur der Anfang (eines Unternehmens oder eines Projektes oder eines staatlichen Vorhabens oder was auch immer).
Der wirklich entscheidende Punkt ist das zugrundeliegende Verhaltensmuster. Das jeder für sich selbst nach Erfolg, Ansehen, Vermögen und Glück strebt ist keine große Erkenntnis. Es ist einfach so. Auch ist es nicht von Bedeutung, etwas haben zu wollen, daß ein anderer auch hat. Der Unterschied ist, dieses etwas, das ein anderer auch hat, selbst noch einmal erlangen zu können. Es also noch einmal zu erschaffen. Das ist dann der Mehrwert. Man orientiert sich bei seinen Zielen an anderen. Man hat sie als Vorbild. Man hat sie aber nicht als Beuteobjekt.
Kooperativer Wettbewerb kennt durchaus wechselnde Konstellationen und wechselnde Partnerschaften. Er ist also dynamisch. Er orientiert sich aber auch dann am Mehrwert, nicht am Umverteilen und am Beutemachen.
Darin steckt noch eine Kleinigkeit: Neid kann eine Triebfeder sein. Nur wer sich vor denjenigen fürchtet, die mehr erschaffen wollen, die auch etwas für sich erreichen wollen, der ist wirklich mißgünstig. Der ist wirklich bürgerlich.
Nur einen Haken hat die ganze Sache: Da es sich um Menschen handelt, bedarf es lenkender Kräfte. Das können durchaus gemeinsame Werte sein, vermittelt auch durch geeignete Erziehung zur Kooperation. Dann liefe die Sache von selbst. Allerdings ist in der „harten Realität“ meistens noch etwas anderes nötig: Führung. Die wiederum kann niemand leisten (Ja, Führung ist eine Leistung, die man messen kann), der immer und immer wieder siegen muß. Der Sieger hinterläßt nur Zerstörung und Unterworfene. Führen kann nur, wer anderen zum Erfolg verhelfen kann und dies vor allem auch will. Und wer es schafft, den Übereifer einzelner zu steuern, damit es nicht soweit kommt, daß sich einige als Besiegte fühlen. Die werden nicht mehr folgen. Die sind dann zwar immer noch vonnöten, aber nicht mehr dabei.

Lessons learnt

Wer als Unternehmer sehen will, wie sich Menschen prügeln, der sollte zu einem Boxkampf gehen. Das ist billiger, mithin effizienter, als alle halbe Jahre neue Leute anlernen zu müssen; sonst ist der Wirkungsgrad, also die Effektivität – und damit die Produktivität –, der Belegschaft zu gering. Wettbewerb hat per se nichts mit Prosperität zu tun. Freude am Wettstreit wird nur erlebt und Erfolg im Wettstreit wird wird nur erlangt im kooperativen Wettbewerb, der nicht die Vernichtung anderer, der vielmehr das Übertreffen alter Ziele verfolgt.
Ich muß um Entschuldigung bitten: Die Cabaret-Nummer „Effizienz & Effektivität: Warten auf die Weisheit“ konnte ich mir hier einfach nicht verkneifen.
Dies alles gilt auch für jeden einzelnen in seinem privaten und beruflichen Umfeld. Wer alles tut, nur um einen Tick mehr zu haben als der Nachbar, ohne daß ihn das Gesamtergebnis auch nur ansatzweise interessiert, der sollte meines Erachtens einen Arzt aufsuchen. Und was für jeden einzelnen gilt, das gilt auch für Staaten. Auch da gibt es Geisteskranke.
Ach ja, noch etwas zum Abschluß: Viele meinen ja, im Thema Wettbewerb die „Lehren des Macchiavelli“ wiederzufinden. Und die wären ja sehr erfolgreich gewesen. Ich finde nicht, daß ich mir die Lehren eines Speichelleckers zu eigen machen sollte. Denn mehr war dieser Mann nicht: Der beste Schmeichler seines Herrn weit und breit. Und sein Herr war ein irrer Despot.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im April 2013

Mittwoch, 10. April 2013

Die Bedeutung des Eigentums


Eigentum, digitale Welt und Kreislaufwirtschaft

Aktuell wird eine, allerdings sehr diffuse Diskussion geführt, die auf folgendes hinausläuft: in Zukunft würde man Waren und Leistungen nicht mehr kaufen, sondern nur noch mieten. Insbesondere wäre das, quasi systemimmanent, im digitalen Handel so. Darüberhinaus wäre dies auch, und es wäre wünschenswert, im übrigen Warenverkehr so. Dort wäre es wichtig, um eine echte Kreislaufwirtschaft in Gang zu setzen, die einerseits Produkte konzipiert, die auf vollständige Wiederverwertung angelegt sind, und die andererseits vom Hersteller auch komplett zurückgenommen werden müßten, was dem wiederum den Vorteil günstigerer Rohstoff- oder Ausgangsmaterialbeschaffung ermöglichte.
Was den Kreislaufwirtschaftsaspekt betrifft, ist die Grundidee ja richtig, nämlich Produkte zu konzipieren, die ohne großen Aufwand in ihre stofflichen Ursprünge zurückzuführen wären. Insgesamt aber wird vernachlässigt, daß ein Kunde bei all diesen Überlegungen niemals ein Eigentumsrecht erwirbt. Er bleibt damit in ständiger Abhängigkeit. Er ist nicht in der Lage, das gekaufte Gut auch zu seinem Nutzen selbst weiterzuveräußern. Im Prinzip läuft das auf eine vollkommen getrennte Gesellschaft hinaus, in der es eine Klasse von Rechteinhabern und eine Klasse von Mietzahlern gibt.
Das erinnert mich doch sehr stark an die vielen Privatisierungsarien, die wir schon hinter uns gebracht haben. Die (politische) Zustimmung war immer so einzuholen: Ihr kriegt schön viel Geld dafür (müßt ja nicht ihr zurückzahlen) und ihr braucht euch um nichts mehr zu kümmern. Vor allem letzteres hat immer sofort gezogen. Genauso ködert man bequeme Kunden: Ihr braucht nur zu bezahlen, den Rest nehmen wir euch ab. Garantiert. Für immer. Versprochen.
Aus meiner Sicht ist dies, vielleicht etwas überspitzt gleichwohl richtig ausgedrückt, die Wiederbelebung des Feudalsystems, in dem diese Aufteilung schon einmal bestanden hat. Es will sich mir nicht erschließen, wie darin Leistungswille und Innovationsfähigkeit gedeihen sollen. Ebenso wenig kann ich erkennen, wie eine neue Klasse von Unfreien und Abhängigen eine Demokratie befördern soll. Sachlich zwingend ist der Weg dahin keineswegs vorgegeben, denn eine Kreislaufwirtschaft zum Beispiel läßt sich auch anders herstellen.
Sehr interessant ist, daß seitens des Bürgertums gar kein Widerspruch zu hören ist. Immerhin ginge es ja um den Eingriff in das Eigentumsrecht, dessen Erkämpfung vom Adel sich doch gerade das Bürgertum ans Revers heften will.
Vielleicht ist es da hilfreich, sich den Eigentumsgedanken noch einmal genauer anzusehen: Eigentum erwerben zu können, etwas sein Eigen nennen können, spornt erstens an und bedeutet zweitens, eine bessere Position seinem Gegenüber einnehmen zu können. Es sorgt für Augenhöhe im Geschäftsverkehr, es sorgt für Ansehen in der Gruppe. Eigentum hat hohen gesellschaftliche Stellenwert. Es hat gesellschaftspolitische und kulturelle Funktionen. Darüberhinaus lehrt Eigentum, Verantwortung zu tragen. Im übrigen ist dies unabhängig davon, ob das Eigentum selbst erlangt oder „nur“ geerbt wurde. Am verantwortungsvollen Umgang, am notwendigen verantwortungsvollen Umgang mit dem Eigentum ändert das nichts. Wenn man es verpraßt oder verwahrlosen läßt, dann wird es auch ganz schnell ehemaliges Eigentum.
In der bürgerlichen Sicht wird Eigentum allerdings zunehmend pervertiert: es wird zum Unterscheidungskriterium einer selbsternannten, neuen Herrenrasse, für die die Möglichkeit des Eigentumerwerbs durch andere zur lebensbedrohlichen Gefahr wird. Und die eingangs beschriebenen „Wege in die Vermietung“ würden dieser Herrenrasse ihren Erhalt sichern helfen.
Der Satz „Eigentum verpflichtet“ ist eine moralische Ermahnung und bezieht sich im wesentlichen auf die Problematik großer Vermögen und großer Besitzstände in einer Demokratie. Diese Problematik besteht ja durchaus, aber sie ist ein anderes Thema, ebenso wie die notwendige Beschränkung von Eigentumserwerb. Es ist selbstverständlich, daß niemand das Eigentum an Menschen erwerben kann. Ebenso selbstverständlich ist, daß Wasser niemals Privateigentum werden darf. Aber das ist eine Unterscheidung in privat und gesellschaftlich.
Diese Unterscheidung ist sinnvoll, notwendig und sicherlich auch einem Wandel im Laufe der Zeit unterworfen. Sie hat aber nichts mit der eigentlichen Bedeutung von Eigentum zu tun. Sie ist immer nur Ausdruck der Bestrebungen einiger, viele dominieren zu wollen. So ein Versuch  läßt sich zwar nicht verhindern, aber abwehren.
Abschließend noch eine Bemerkung zu der Urheberrechtsdebatte, gerade vor „digitalem Hintergrund“. Die technische Betrachtung verschleiert meines Erachtens nach den Blick auf das wesentliche. Eigentum und Nutzungsrecht werden darin erstens zusammengemischt (ist aber nicht weiter tragisch, da Rechte eben auch Eigentum sein können). Viel wichtiger ist mir, daß der Leistungsgedanke in den Hintergrund gerät.
Ich finde es ja völlig richtig, daß ein „Erfinder“ zeitlich befristet, zeitlich überschaubar Vorteile in Form des Patentschutzes genießt. Das ist seine Belohnung und die hat er verdient. Ich meine aber auch, daß der „Nutzungsschutz“ für einen Urheber geistiger Leistungen genauso gestaltet werden sollte. Und ich meine genauso: überschaubar zeitlich befristet. Die Betonung liegt auf überschauber und auf definiert befristet.
Es ist unerheblich, wie oft Patente und Rechte vererbt oder veräußert werden. Wichtig ist nur, daß sie erkennbar enden. Das zwingt zu neuer Leistung. Jedenfalls denjenigen, der es noch einmal wissen will. Wer mit der einen, der vergangenen Leistung genug hat, der darf sich auch gerne ausruhen. Er muß halt sehen, daß er mit dem befristet Verdienten auskommt.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im April 2013

Sonntag, 7. April 2013

Wider den Klamauk

Kontinuität – Transparenz – Demokratie

Wenn es um die aktuelle und immer wiederkehrende „Schlacht um die Steuergerechtigkeit“ geht, so sind mir die üblichen Klamauktöne doch recht gleichgültig (geworden). Bei so wichtigen Begriffen wie den drei genannten ist es mir ein wichtiges Anliegen, einmal genauer hinzuschauen.
Vielleicht ist es ja nur der übliche Ton, wenn man, wie das Bürgertum, am Ende seines Wegs angekommen ist. Aber Kontinuität mit Starrsinn statt mit wohlüberlegtem Handeln, Transparenz mit Voyeurismus statt mit Information und Demokratie mit Proletentum statt mit Verantwortung für sich und andere zu übersetzen, gefällt mir einfach nicht.
Dabei sollte ich vielleicht noch etwas zum Proletentum sagen. Was ist das: ein Prolet? Ist das der arme Mann, der Proletarier? Liegt das nahe, weil es lautmalerisch so schön paßt? Nein, der Prolet ist die letzte Inkarnation des Bürgers als das was er eigentlich schon immer war: Der Untertan.
Der Prolet gefällt sich in der Verhöhnung eines Schwächeren oder eines Menschen in einer Zwangs- oder Notlage. Der Prolet weiß nichts, er kann nichts und er hat keinen eigenen Wert. Daher braucht er stets aufs Neue jemanden, auf den er herabschauen kann.
Das macht er dann auf immer dieselbe, klamaukartige Art und Weise, vorzugsweise in der Castingshow und beim Bildzeitunglesen. Dort immer, wenn es um arme Menschen geht, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, und wenn es um Menschen oder Staaten geht, die sich, und sei es auch nur vorübergehend, in einer Notlage befinden.
Dieses unablässige Feixen, dieser unablässige Klamauk sind zum Wahrzeichen bürgerlicher Politik und bürgerlichen Gesellschaftslebens geworden. Kontinuität besteht nur noch in der Kontinuität des Klamauks. Was mich betrifft, so hätte ich das gern geändert.
Kontinuität in der parlamentarischen Demokratie, die ja von Wahltag zu Wahltag lebt, ist gar nicht so einfach herzustellen. Gleichwohl ist es wichtig, über die Grenzen einer Legislatur hinaus „in der Spur zu bleiben“. Viele Angelegneheiten sind eben nach vier Jahren noch keinswegs zufriedenstellend geregelt, siehe die aktuellen Versuche, eine Umstrukturierung in der Energiegewinnung hinzubekommen. Und dabei geht es nur um die Gewinnung. Die Speicherung als weitaus größere Aufgabe ist noch gar nicht angedacht.
Kontinuität ist nach meinem Dafürhalten keineswegs nur so etwas wie Beharrungsvermögen. Das würde erst einmal nur Stehenbleiben bedeuten. In der Bewegung die Spur und die Zielrichtung zu behalten ist eine reichlich anstrengende Übung. Der bürgerliche Politiker, der „Kollege“ (der Parlamentswerke GmbH & Co. KG?), wie die sich selbst gern untereinander anreden, ist dazu vollkommen ungeeignet. Kontinuität muß man können und können wollen. Es ist im Kern eine Charaktereigenschaft. Dafür muß man aber auch Charakter haben und den nicht bei Eintritt in eine Partei abgegeben haben. Genau das hat der Bürger aber immer wieder getan: seinen vielleicht einmal sogar vorhanden gewesenen Charakter abzugeben. Beim Eintritt in eine Firma ebenso wie beim Eintritt in das Parlament.
Ähnlich sieht es mit der Transparenz aus. Es steht niemandem zu, einen anderen „strippen“ zu lassen. Solch ein Ansinnen ist einfach nur ungehörig. Genausowenig wie es mir oder sonstwem zusteht, einem anderen in die Hose zu schauen, genausowenig steht es mir oder sonstwem zu, einem anderen in die Geldbörse zu schauen. Transparenz durch Offenlegung von Gehältern herstellen zu wollen, das ist nur Spannerei. Nebenbei bemerkt: Auch die manchmal geführten Diskussionen darüber, wieviel Geld oder Lohn und Gehalt einem einzelnen überhaupt zustehen können/sollten, sind auch nicht sinnvoller.
Transparenz ist gegeben, wenn die Wege (von Informationen, von Geld, von Entscheidungen) offenliegen. Die einzelne Information, den einzelnen Betrag und die einzelne Einflußnahme zu kennen, ist ja zusätzlich ganz schön (und für einen Staatsanwalt vielleicht sogar einmal sehr wichtig), aber für die Beurteilung politischer Zusammenhänge und für die Meinungs- und Entscheidungsfindung des Einzelnen unerheblich. Meinungen und Entscheidungen sind, waren und werden immer „Bauchangelegenheiten“ sein. Jeder kann auf sein Gefühl vertrauen. Und nur die dazu notwendigen „Inputs“ sind wirklich von Bedeutung.
Daraus folgere ich, daß Demokratie, auch direkte oder „direktere“ Demokratie, gar nicht so schwer (herzustellen) ist. Es sind gar nicht so viele Voraussetzungen notwendig. Es ist nur der Wille nötig, alle Sinneskanäle aufzumachen, und nur der Mut nötig, eine eigene Meinung zu entwickeln oder eine eigene Entscheidung zu treffen. Das ganze halt noch einhergehend mit gutem Benehmen – und die Demokratie kann kommen. Ich fürchte micht nicht.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im April 2013